Schuld sind immer die anderen – eh klar! Besonders wenn viele verschiedene Interessengruppen an einem Strang ziehen sollen und Fehler passieren, wird der bekannte „Schwarze Peter“ gerne auf andere geschoben – auf die Technik und im Recruiting eben auch gerne auf die Kandidaten. Die sind ja oftmals an vielem Schuld: besitzen einfach nicht exakt die Berufserfahrung die in der Stellenbeschreibung und der Stellenanzeige steht, wohnen zu weit weg, haben keine Zeit sofort zum Interview zu kommen, haben eine zu hohe Verdienstvorstellung und überhaupt – wie sieht denn der CV aus? Also allerlei Gründe selbst nicht schuld zu sein wenn eine Vakanz nicht besetzt wird. Darüber hinaus gibt es ja noch den Recruiting-Prozess und viele Kolleginnen und Kollegen die auch noch ein Wörtchen bei einer Einstellung mitreden wollen und gesetzlich teilweise auch müssen. Dies macht den Prozess zum Flickenteppich interner Interessengruppen und dies zu Lasten der time-to-hire und letztendlich zu Lasten der Bewerber. Ich habe, nachdem ich einige Recruiting-Organisationen kennenlernen durfte festgestellt, dass es eine Notwendigkeit ist grundlegende Fragen sauber und transparent zu klären. Erst dann lässt sich Recruiting mit einer guten und erfolgreichen Candidate Experience umsetzen.

Die Frage des Kunden im Recruiting

Eine der ersten Fragen, die es zu beantworten gilt ist sicherlich die, wofür bzw. für wen wir denn tun was wir tun. Aber Vorsicht – es kann hier zwei Seiten der Medaille geben, vielleicht auch drei: der beauftragende Fachbereich, der Kandidat/Kandidatin respektive Bewerber/Bewerberin und in einem größeren Zusammenhang der Arbeitgeber, also die Unternehmung für die man tätig ist.

Candidate centricity ist das Zauberwort auf der einen Seite der Medaille. Alles was wir im Recruiting tun soll den Bewerberinnen und Bewerbern dienen. Sie stehen im Zentrum der Aktivitäten die um sie herum angeordnet werden müssen. Sie sind somit die Kunden des Recruitings. Auf der anderen Seite der Medaille ist der Fachbereich. Er ist unser Auftraggeber. Er ist es, der auch Mittel bereitstellt, er ist es, der entscheidet wer eingestellt wird und er ist es, den es gilt zufriedenzustellen. Die Anforderungen die der Fachbereich an das Recruiting hat sind absolut berechtig und machen ihn zum Kunden Nummer 1 im Recruiting-Prozess. Und über diesen Anspruchsgruppen schwebt als quasi übergeordnete Instanz das Unternehmen für das die beiden internen Gruppen tätig sind. Ist das Unternehmen nun auch Kunde oder eher Regulativ? Ich finde diese Fragen zu diskutieren und sich Gedanken drüber zu mache wer Kunde des eigenen Recruitings ist sehr wichtig, denn es lassen sich daraus dann weitere wichtige Ableitungen treffen. Beispielsweise kann so auch festgehalten werden wofür und mit welcher Aufgabe das Bewerbermanagement-System eingesetzt wird. Ist es eine Datenbank, ein Kommunikationssystem oder eine strategische Plattform?

Die Basics müssen sitzen!

Um seine Kunden, vornehmlich hier die Bewerber ordentlich zu betreuen bedarf es einiger grundlegender Basics. Und die sind wohl der Ever-Green in den Recruiting-Ratgebern und auch bestimmt eines der am meisten verbloggten Themen: Behandelt eure Bewerber gut! Henrik Zaborowski  hat eine kleine Umfrage gestartet in der er aktive Bewerber gefragt hat, was für Dinge sie sich denn im Bewerbungsprozess wünschen. Das Ergebnis ist eigentlich verblüffend, denn die Bewerber wollen im Grunde nicht viel: u.a. persönlichen Kontakt, Einblicke ins Unternehmen und Schnelligkeit im Prozess. Aber wir müssen uns da über eines im Klaren sein: dies sind allesamt Hygienefaktoren! Also die Dinge, die negativ auffallen, wenn sie nicht da sind und als normal bzw. nicht erwähnenswert erachtet werden, wenn sie da sind. Also bewegen wir uns auf der Null-Linie. Wer also so richtig überzeugen will, der muss deutlich mehr tun. Da hilft mit Sicherheit die Klärung Kundenfrage ein gutes Stück weiter. Richte ich den Prozess an den Bedürfnissen der internen Fachabteilung aus, so machted das nicht mit den Forderungen der Bewerber. Umgekehrt ist es genauso. Und wenn die Software das Sagen übernimmt, dann wird es dazu meist noch abenteuerlich.

Die tagtägliche Recruiting-Praxis zeigt aber, dass tatsächlich diese Basics nicht sitzen. Ich habe das in der letzten Zeit in vielen Gesprächen mit Bewerbern gehört und in Teilen auch selbst erlebt: wochenlang kein Rückmeldung, unpersönliche Anschreiben und Kommunikation mit Sicherheit nicht auf Augenhöhe, undurchsichtige Prozesse, keine Qualität in Gesprächen usw. All diese Dinge, von denen mir berichtet wurden müssen meiner Meinung nach in einer funktionierenden Recruiting-Organisation sitzen. Manchmal wundert man sich da nur noch, denn unbesetzte Stellen kosten ja nachweislich auch Geld.

Recruiting-Prozess und Schnittstellen

Um die Recruiting-Basics und andere Recruiting-Anforderungen in den Griff zu bekommen unternehmen Firmen verschiedenste Anstrengungen. Ganz vorne auf der Agenda steht, ich finde auch zurecht, die Definition von einem Recruiting-Prozess mit unterschiedlicher Ausprägung und Wertschöpfungstiefe. Dieser Prozess wird dann allerdings als qualitative und auch quantitative Antwort für nahezu alle Recruiting-Problemlagen herangezogen. Das wiederum ist doch zu hinterfragen, denn genau in diesen Prozessen sind meistens genau die Fehler, die ausgeblendet werden sollen institutionalisiert und eingebettet. Eine der größten Herausforderungen in einem Recruiting-Prozess ist das Schnittstellenmanagement. Beim Modellieren von Recruiting-Prozessen müssen verschiedenste externe (bzw. interne) Anspruchsgruppen, externen Dienstleister und obendrauf die Bewerberinnen und Bewerber in den Prozess integriert werden.

Dies geschieht mittels verschiedenen Interfaces die einen Prozess oftmals nicht mehr als solchen zu erkennen geben. Recruiting macht da gerne den Fehler es jedem recht machen zu wollen. Meiner Meinung nach geht das nicht. Dafür muss eben die Kundenfrage strategisch geklärt und darauf aufbauend die wichtigen Grundlagen und deren Qualität-Standards definiert sein. Dann kann ein Recruiting-Prozess daran ausgestaltet und modelliert werden. Und grundlegend ist eine notwendige Integration weiterer Prozessbeteiligter meiner Meinung nach immer unter der Vorgabe des Nutzwertes für den Bewerber zu hinterfragen. Denn Schnittstellen tun nur dem Bewerber weh. Jede Schnittstelle macht den Recruiting-Prozess komplizierter, ermöglicht dadurch mehr Fehler und macht ihn vor allem langsam. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass jede Schnittstelle insgesamt 6 Minuten Übergabezeit in Anspruch nimmt, also 3 Minuten auf jeder Seite. Jetzt kann der oder die gewillte Leserin oder Leser den eigenen Recruiting-Prozess zur Hand nehmen und hochrechnen wieviel Schnittstellen es dort gibt und zwar auf der Individualebene und für diese dann jeweils 6 Minuten veranschlagen. Um das ganze Ausmaß dieser möglichen Schnittstellen-Zeit-Vergeudung zu erfassen empfehle ich dieses Ergebnis mit den durchgeführten Recruiting-Prozessen hochzurechnen. Das Resultat dessen veranschaulicht den Zeitverlust in der Recruiting-Prozessorganisation. Und diese Zeit tut wiederum nur einer Gruppe weh: den Bewerbern.

Ab und zu einmal bisschen tiefgründiger die Sinnfrage im Recruitingzu stellen schadet sicherlich nicht. Denn wenn solche Basics geklärt sind, dann können weitere strategische und auch operative Schritte angegangen werden.

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